FOTO: KAPUZINER
Texte und Gebete
Berufungsgebet des Hl. Franziskus
Höchster, glorreicher Gott,
erleuchte die Finsternis meines Herzens
und schenke mir rechten Glauben,
gefestigte Hoffnung und vollendete Liebe.
Gib mir, Herr, das rechte Empfinden und Erkennen,
damit ich deinen heiligen und wahrhaften Auftrag erfülle. Amen
Franziskus, etwa 24jährig, betet vor dem Kreuz von San Damiano um seinen Weg
Sonnengesang des Hl. Franziskus
Höchster, allmächtiger, guter Herr,
dein sind das Lob, die Herrlichkeit und Ehre und jeglicher Segen.
Dir allein, Höchster, gebühren sie,
und kein Mensch ist würdig, dich zu nennen.
Gelobt seist du, mein Herr,
mit allen deinen Geschöpfen,
zumal dem Herrn Bruder Sonne,
welcher der Tag ist und durch den du uns leuchtest.
Und schön ist er und strahlend mit großem Glanz:
Von dir, Höchster, ein Sinnbild.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch Schwester Mond und die Sterne;
am Himmel hast du sie gebildet,
klar und kostbar und schön.
Gelobt seist du, mein Herr,
Bruder Wind und durch Luft und Wolken
und heiteres und jegliches Wetter,
durch das du deinen Geschöpfen Unterhalt gibst.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch Schwester Wasser,
gar nützlich ist es und demütig und kostbar und keusch.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch Bruder Feuer, durch das du die Nacht erleuchtest;
und schön ist es und fröhlich und kraftvoll und stark.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch unsere Schwester, Mutter Erde,
die uns erhält und lenkt
und vielfältige Früchte hervorbringt und bunte Blumen und Kräuter.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch jene, die verzeihen um deiner Liebe willen
und Krankheit ertragen und Drangsal.
Selig jene, die solches ertragen in Frieden,
denn von dir, Höchster, werden sie gekrönt.
Gelobt seist du, mein Herr,
durch unsere Schwester, den leiblichen Tod;
ihm kann kein Mensch lebend entrinnen.
Wehe jenen, die in tödlicher Sünde sterben.
Selig jene, die er findet in deinem heiligsten Willen,
denn der zweite Tod wird ihnen kein Leid antun.
Lobt und preist meinen Herrn
und dankt ihm und dient ihm mit großer Demut.
Am Ende seines Lebens lobt Franziskus Gott, verbunden mit allen Geschöpfen
Gebet des Hl. Bonaventura
Wenn du nun fragst, wie das geschehen soll,
dann frag die Gnade, nicht die Lehre,
die Sehnsucht, nicht die Erkenntnis,
das Seufzen des Gebetes, nicht das beflissene Lesen,
den Bräutigam, nicht den Lehrer,
Gott, nicht einen Menschen,
die Dunkelheit, nicht die Klarheit,
nicht das Licht, sondern das Feuer
das ganz und gar in Brand setzt,
und das durch unaussprechliche Salbung
und glühende Herzensbewegung
in Gott hinüberträgt.
Bonaventura von Bagnoregio (1221–1274), Itinerarium mentis in Deum, Franziskaner und Kirchenlehrer
der aussätzige
geh nicht vorüber
am flehenden bettler
übersieh nicht den befremdenen blick
er will dir etwas zeigen
geh nicht vorüber
an deiner eigenen fremdheit
überhör nicht den hilferuf in dir
er will dir etwas sagen
geh nicht vorüber
am dunklen zwillingsbruder
flieh nicht deinen schatten
er will dir etwas geben
du bist nicht der starke held
in dir wohnen schamversteckt
enttäuschte liebe
gekränkte geschichte
hässlicher aussatz
und blicke dich an
wie aus weinenden bildern
raunen dir zu im weltschmerz des abends
klopfen leise an türen des traumes
steig herab vom stolzen pferd
umarme das verletzte kind
und küsse alles bittere mit zärtlichen lippen
und es wird dir geheimnisvoll
zur süße werden
Andreas Knapp über die Begegnung von Franziskus und dem Aussätzigen
was wirklich nährt
beim reden zerredet
durch schreien verschrien
im sagen versagt
beim plappern verplappert
durch rufen verrufen
im krach verkracht
äußerungen veräußern
brüllen brüllt nieder
dröhnen dröhnt zu
stille
aber
kann stillen
Andreas Knapp, pace e bene, 2019
Gebetversuch
meine gedanken fliegen davon
worte flattern in mir
die bilder halten einfach nicht still
weißt du was
ich schenke dir
diesen ganzen vogelschwarm
meiner unruhigen seele
mein flirrendes Herz
der du alle hältst,
hältst sicher
auch mich
Martina Kreidler-Kos, Mein Leben leuchten lassen, 2015
Vorsatz der Heiligen Klara
Denk an deinen Entschluss
und behalte einen Anfang fest im Auge.
Was du hältst, das halte weiter.
Schnell und leichtfüßig, ohne zu stolpern,
sodass deine Schritte kaum Staub aufwirbeln,
sicher, froh und guten Mutes,
geh achtsam voran
auf einem Trampelpfad des Glücks.
Verweigere dein Vertrauen und Einverständnis allem,
was dich von deinem Vorsatz abbringen
und jedem, der dir Steine in den Weg legen will
Gottes Geist hat dich zur Vollkommenheit gerufen,
darauf hast du einst vertraut,
bleib dabei.
Klara v. Assisi im 2. Brief an Agnes von Prag, übertragen von Martina Kreidler-Kos
Berufungsgebet
JESUS CHRISTUS
Damals fanden Menschen in deiner Nähe
Halt und Hoffnung.
Später hat Franziskus von Assisi
viele für deine Liebe begeistert
und sich um Arme und Notleidende gesorgt.
Heute bitten wir dich:
Schenke auch unserer Zeit junge Männer und Frauen,
die sich leidenschaftlich für das Evangelium einsetzen.
Heute bitten wir:
Lass die franziskanischen Gemeinschaften wachsen
an Brüdern und Schwestern – und an Liebe zu dir.
Amen.
Br. Stefan Walser, 2021